von Theresa Hertrich und Jan Krawczyk
Vom 28.01 - 29.01.2022 ging es für uns online nach Wien. Dort haben wir uns in einem interdisziplinären Rahmen über (kulturelle) Räume demokratischer Auseinandersetzung ausgetauscht. Die Tagung „Konfliktuelle Kulturpolitik: Räume und Akteur*innen (radikal-)demokratischer Auseinandersetzung“ wurde vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien ausgerichtet. Im Panel „Kunst,Kritik und Öffentlichkeit“ haben wir unser Projekt Street I Art I Democracy vorgestellt. Unser Abstract zum Vortrag findet ihr hier:
Murals, Graffiti, Paste Ups, Stencils, Sticker: StreetArt zeigt sich in verschiedenen Ausdrucksformen im öffentlichen Raum. Sie ist zugleich aber auch vergänglich: was wir heute entdecken, kann morgen schon wieder weg sein. StreetArt kann Geschichte(n) erzählen und ganz persönliche Botschaften in der Öffentlichkeit sichtbar werden lassen. Diese können von biografischen Bezügen über historisch-politische Inhalte bis hin zu kritischen Positionierungen reichen. StreetArt und vor allem Graffiti haben bis dato durchaus einen Platz in Bildungsangeboten gefunden. Selbst sprayen und damit die eigenen Positionen sichtbar zu machen, wird häufig als Empowerment- und Teilhabetool für Jugendliche in außerschulischer Bildungsarbeit angewendet. Im Rahmen dieser gestalterisch orientierten Vermittlungsform werden somit Zugänge zu Jugendlichen geschaffen.
Mit unserem Projekt Street I Art I Democracy wählen wir einen anders gelagerten Schwerpunkt. Das übergeordnete Ziel des Projektes ist es, Menschen dazu zu befähigen, StreetArt historisch kontextualisieren und im Sinne einer analytischen Geschichtssortenkompetenz einordnen zu können. Wir versuchen somit, mögliche Verflechtungen von StreetArt, Geschichte(n) und Politik(en) aufzudecken und didaktisch aufzuarbeiten. Wir verstehen StreetArt im Kontext der Praktiken des Geschichtemachens (Doing History) als Geschichtssorte (vgl. Logge 2018), durch die Geschichte im öffentlichen Raum verhandelt wird: aber was wird verhandelt und vor allem von bzw. mit wem? Welche Künstler:innen beschäftigen sich explizit mit historisch-politischen Inhalten und warum? Also breiter gefasst: Welche Ereignisse und (ikonographischen) Momente werden im kommunikativen Gedächtnis festgehalten und finden so Eingang in Aushandlungsprozesse?
Kommunikation an öffentlichen (Nicht-) Orten kann auch durch StreetArt und ihre teilweise ganz eigenen Kommunikationscodes erfolgen. Sie kann ein weites Feld an Fragen eröffnen und zugleich Türöffner für Diskussionen sein:
Im Projekt wollen wir uns mit diesen und weiteren Fragen explorativ auseinandersetzen. Gemeinsam mit Jugendlichen gehen wir in unseren Workshops auf Spurensuche im urbanen Raum. Wir erproben dabei verschiedene didaktische Herangehensweisen wie forschend-entdeckendes Lernen, mit denen wir Jugendliche einladen und empowern, eigene Themen in StreetArt zu sehen oder wiederzufinden und historisch-politisch zu kontextualisieren. Dabei sind macht- und rassismuskritische Perspektiven auf und mit StreetArt von zentraler Bedeutung.
Im Projekt wollen wir uns dabei verschiedener Mappingstrategien auf drei Ebenen bedienen:
Mit unserem Vortrag wollen wir einen Einblick in unsere Projektarbeit geben. Dabei soll die grundlegende Frage im Zentrum stehen, inwieweit StreetArt wirklich einen empowernden Charakter haben kann und vor allem für wen: welche Rolle spielt StreetArt bei Jugendlichen und welche Zuschreibungen und Machtfragen sollten dabei in einem pädagogischem Setting reflektiert werden? Überspitzt formuliert: Who are we to judge?! Wann ist StreetArt als Zugangsform zu historisch-politischen Inhalten „lebensweltlich“ oder „niedrigschwellig“ und was wird Jugendlichen dabei zugeschrieben? Wir wollen den Raum für eine erste Zwischenevaluation öffnen, um gemeinsam über die bis dato durchgeführten Workshops zu diskutieren und somit die Chancen und Grenzen von StreetArt als Zugangsform zu historisch-politischer Bildung auszuloten.